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Keine öffentlichen Gelder für die Biologisierung sozialer Ungleichheit!

Stellungnahme zu den Zielen und der Verwendung von genetischen Daten im Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) des DIW Berlin (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung)

Immer wieder gibt es Versuche die Ursachen für soziale Ungleichheit zwischen Menschen oder Bevölkerungsgruppen in deren Genen zu suchen. Der fälschliche Fokus auf die Biologie bereitet jedoch den Weg für Stigmatisierung, Diskriminierung und Gewalt gegen Menschen. Wir wollen daher Aufmerksamkeit auf ein neues, mit öffentlichen Mitteln gefördertes Forschungsprojekt dieser Art in Deutschland lenken, das unser Einschätzung nach unbedingt kritischer medialer und wissenschaftlicher Begleitung bedarf.

Unter dem Projektnamen Gene-SOEP wurden von einer Subgruppe des sog. Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) genetischen Daten der Teilnehmenden erhoben. Das SOEP, oder „Leben in Deutschland“, ist die größte Langzeitstudie zu gesellschaftlichen Entwicklungen in Deutschland und zählt auch weltweit zu den umfangreichsten.

Die Gendaten der rund 2.600 Proband*innen werden u.a. mit demografischen und sozialen Daten kombiniert. Wie eine erste Veröffentlichung des Projektes zeigt, werden sie dann zur Erforschung der Vererblichkeit von Eigenschaften wie Bildungsstand, Religiosität und Persönlichkeit verwendet.

Das Gen-ethische Netzwerk e.V. (GeN), das sich seit über 35 Jahren mit gesellschaftlichen Auswirkungen von Gentechnologie auseinandersetzt, bewertet sowohl die Ziele, als auch potenzielle ungewollte Effekte des Projektes als äußerst bedenklich.

Wir befürchten, dass

  • das Projekt den Einfluss von Genetik auf vor allem gesellschaftlich geprägte menschliche Eigenschaften überbewertet.
  • diese Überbewertung wiederum den bereits bei vielen Menschen bestehenden Glauben an vermeintliche biologische Ursachen für gesellschaftliche Ungleichheit bestätigt und verfestigt.
  • die Forschungsergebnisse zukünftig als Grundlage für Diskriminierung von Menschen aufgrund von Genvarianten Anwendung finden.

Zudem bemängeln wir

  • die Beforschung von Minderjährigen, denen durch die Einwilligung ihrer Eltern die Kontrolle über die Verwendung ihrer DNA-Daten entzogen wird.
  • dass trotz der hohen gesellschaftlichen Brisanz des Projektes, eine Erforschung der rechtlichen, sozialen und ethischen Konsequenzen fehlt bzw. nicht bei der Konzeption mitgedacht wurde.
  • die Verwendung von öffentlichen Geldern für ein Projekt, dessen Nutzen für die Gesellschaft fraglich ist.

Die gesamte Stellungnahme auf deutsch und englisch finden Sie auf unserer Webseite: https://www.gen-ethisches-netzwerk.de/Gene-SOEP

Kontakt

Dr. Isabelle Bartram
Referentin für Medizin
Tel: 0176-55 23 90 12 oder 030 – 685 70 73